Es war einmal vor rund zehn Jahren, als ich – voller Vorfreude und ohne jede Warnung – meinen ersten Duft von Floris London kaufte: Elite. Der Name klang verheißungsvoll, fast schon aristokratisch. Leider roch der Inhalt, als hätte ein pensionierter Admiral versehentlich seine Aftershave-Sammlung in einen verstaubten Biedermeier-Schrank gekippt. Enttäuschung ist gar kein Ausdruck. Ich schwor mir damals: Nie wieder Floris

Zweite Chance für die Queen’s Chemists

Doch wie das Leben so spielt – oder vielleicht war es die algorithmische Hypnose von Instagram – stolperte ich kürzlich über einen Beitrag von Floris, in dem ein neuer Duft namens Vert Fougère angepriesen wurde. Und weil der Preis gerade reduziert war (was bei Floris ungefähr so oft passiert wie ein englischer Sommer ohne Regen), schlug ich zu. Blind. Wieder einmal. Offenbar hatte ich in den letzten zehn Jahren nicht nur meinen Geruchssinn, sondern auch mein Urteilsvermögen britisch poliert.

Liebe auf den zweiten Riecher

Was soll ich sagen? Ich bin verliebt. Ja, so richtig. Und zwar nicht auf diese kitschige „Ich-liege-nackt-im-Blütenmeer-und-schreibe-Gedichte“-Weise, sondern auf die männlich-unterdrückte Art, wie sie sich für jemanden gehört, der britischen Stil pflegt. Vert Fougère ist – und das sage ich mit aller Zurückhaltung – schlichtweg großartig.

Ein englischer Garten zum Aufsprühen

Ein Duft, der so herrlich grün, frisch und klar ist, dass man beim ersten Sprühen fast erwartet, plötzlich in einem gepflegten englischen Garten zu stehen: Rasen gemäht, Gin Tonic in der Hand, und irgendwo ruft jemand „Charles, bring die Corgis rein!“.

Er beginnt mit einer Frische, die nicht aufdringlich oder zitrusgeplagt daherkommt, sondern – typisch Floris – distinguiert und elegant. Kein „Hallo, hier bin ich!“, sondern eher ein höfliches „Wenn ich mich vorstellen dürfte…“. Maskulin? Ja. Aber auch ein bisschen unisex. Wie ein perfekt geschnittener Anzug, den auch die Duchess von Sussex tragen könnte, ohne dass jemand die Stirn runzelt.

Britisch trocken – ganz ohne Zuckerguss

Was ich besonders liebe: keine Spur von Süße. Nicht mal ein Hauch. Dieser Duft ist so trocken, dass man ihn wahrscheinlich als Beilage zu einem Single Malt servieren könnte. Dazu ein holzig-rauchiger Unterton, der leise mitschwingt wie ein alter Kamin in einem Londoner Club, in dem noch geraucht werden darf – aber nur, wenn man Winston Churchill heißt.

Im Büro: Understatement mit Duftnote

Und nun zur wirklich wichtigen Frage: Ist Floris Vert Fougère bürotauglich? Absolut! Dieser Duft ist das Parfüm gewordene Understatement. Er stört niemanden, fällt aber doch auf – so wie ein maßgeschneiderter Anzug unter grauen Polyesterhüllen.

Ideal für klimatisierte Konferenzräume, Zoom-Meetings, hitzige Deadlines und Fahrstuhlfahrten mit der Chefetage. Er vermittelt: „Ich habe Geschmack – aber ich schlage dich nicht damit.“ Ganz nebenbei übersteht er auch heiße Tage mit Bravour. Während andere Düfte bei 35 Grad nach überreifem Obstsalat klingen, bleibt Vert Fougère cool. Vermutlich schwitzt er nie. Eben britisch.

Erwachsenwerden, die olfaktorische Version

Ich frage mich, ob ich einfach erwachsener geworden bin – olfaktorisch zumindest. Oder ob Floris seinen Duftansatz modernisiert hat, ohne dabei den britischen Charme zu verlieren. Wahrscheinlich beides. Denn wo Elite damals wie eine Hommage an die 1940er roch, duftet Vert Fougère wie ein Gentleman im 21. Jahrhundert: gepflegt, gebildet, ein bisschen ironisch – und mit Understatement statt Überheblichkeit.

Ein Duft wie ein Gespräch mit einem gut gekleideten Engländer: höflich, subtil, mit trockenem Humor – und wenn man nicht aufpasst, haut er einem mit einem einzigen Satz verbal die Schuhe weg. Vert Fougère ist mein Duft für den Sommer, fürs Büro, für gepflegte Zurückhaltung mit Charakter. Der Beweis, dass man einem Dufthaus nach einer olfaktorischen Katastrophe doch noch mal eine zweite Chance geben sollte. Denn was sind wir ohne Vergebung – und einen guten Büroduft?